Dieses
Jahr feiere ich ein Jubiläum. Oktober 1998 war die Zeit, in der ich
anfing Dudelsack zu spielen. Seit dem sind 20 Jahre ins Land gezogen.
7 Jahre braucht es, bis man ein Dudelsackspieler ist... lol! Nach 20 Jahren habe ich noch nicht das Gefühl, annährend da zu sein, wo es mal hinführen könnte.
Ich möchte an dieser Stelle nicht komplett ausführen, warum ich anfangen wollte Dudelsackspielen zu lernen. Die Kurzfassung: Nachdem ich mir intensiv zwei Platten mit Dudelsackmusik angehört hatte ("Proud Heritage" von den Black Watch und "La Zampogna" von Unbekannt, eine Sammlung verschiedener europäischer Dudelsackmusiken), wollte ich das auch lernen. Der ausschlaggebende Punkt war, wie sollte es auch anders sein, der Sound.
Weitestgehend
autodidaktisch habe ich 1998 angefangen, mit dem MacEge Lehrbuch und
einer Blockflöte. Das Internet hatte damals noch nicht so seine
Verbreitung wie heute. Die Netzwerke waren schwerer zu knüpfen. Man musste sich noch Kataloge besorgen und dann bei Oliver T., Michael, H., MacEge oder direkt in Schottland mit Brief oder telefonisch bestellen (mit Scheck oder Überweisung). Informationen über die Szene und die neusten Produkte erhielt man über den MacEge Rundbrief oder die Infozeitung der BAG e.V.
Meine Mutter las in einem Zeitungs-Inserat(!), dass jemand zwei
Dudelsäcke zu verkaufen hätte, keine drei Dörfer weiter. Ich fuhr
hin, sah sie mir an, hatte keine Ahnung und kaufte einen, inklusive
Koffer und Practice Chanter für umgerechnet 600,-€. Viel Geld für
mich damals als Schüler. Es stellte sich später allerdings als ein
sehr hochwertiges und gutes Instrument heraus (ein D. Naill mit
hervorragenden Drones, die mittlerweile an eine Schülerin von mir
übergegangen ist). Bei meinem ersten Besuch in Breuberg lernte ich den Herrn kennen, der das zweite Instrument erworben hatte. Die Welt ist klein.
Die
ersten Monate dudelte ich vor mich hin, bis eine Bekannte mir die
Kontaktdaten von Benedikt G. in Wiesbaden gab (woher auch immer sie
die hatte). Ich meldete mich bei ihm und nahm meinen ersten
Unterricht. An dieser Stelle vermischen sich die Erinnerungen und ich
kann sie nicht chronologisch eindeutig einordnen. Dann im Sommer 1999
nahm ich an der Sommerschule Breuberg teil, in einem Kurs mit David
J. Kein Jahr später meinte Benedikt, ob ich nicht Lust hätte, auf
einem Wettbewerb mitzuspielen. Keine Ahnung wieso, aber ich meldete
mich wirklich an.
2000 in
Ludwigshaven, BAG Competition. Erster (wirklicher) Kontakt mit der
Szene. Manfred D. nickte mir grüßend zu (ich hatte bei ihm kurz
zuvor einen elektronischen Chanter bestellt), ich schaute hinter
mich, wen er denn gemeint haben könnte. Peinlich. Ich gewann
sämtliche zweite Plätze in meinem Level und war danach angefixt. Es
gab etwas, indem ich scheinbar gut war. Schönes Gefühl. Ob das
langfristig so gut gewesen war, weiß ich nicht. Competitions sind
ein sehr zweischneidiges Schwert.
Am
9.11.01 (ich erinnere mich gut an den Tag, da in es Wiesbaden eine US
Army Base gab, die in heller Aufruhr war, ich aber erst später
erfahren habe, was denn eigentlich los war) sah ich Benedikt das
letzte mal als Lehrer (so habe ich das in Erinnerung).
2002
traute ich mich Peter Brinckmann zu kontaktieren, zwecks Unterricht.
Trauen, weil er einen sehr strengen Eindruck auf mich machte. In
diesem Jahr hatte ich ihn dreimal gesehen und je 3 Stunden Unterricht
gehabt. Und ich habe das erste mal kapiert, was ich denn überhaupt
hier mache. Diese 9 Stunden waren bis dato (und eigentlich auch bis
heute noch) das wertvollste, was ich an Unterricht hatte. Dann,
Februar 2003, ist er an Krebs gestorben. Eine kurze Vita findet man
hier:
http://www.bagev.de/peter-brinckmann-1951-2003-vater-der-deutschen-piping-szene/
Seit
2002 bin ich einmal jährlich für eine Woche ans College of Piping
in Glasgow gefahren. Wobei ich das erste mal am Pipingcenter war, was
mir nicht so gut gefallen hat. Der Unterricht dort war eher
unpersönlich und distanziert. Das Ambiente und die Leute am College
war/waren viel familiärer und gemütlicher. Mittlerweile sind beide Institute fusioniert.
Da es zu dieser Zeit noch kein Skype gab und das Internet immer noch in den Kinderschuhen steckte, habe ich eine Lektion über "Tution by Tape" genommen. Man nahm ein paar Stücke auf eine Audio-Kassette(!) auf, schickte diese ans College of Piping und bekam auf die B-Seite Instruktionen und Kommentare vom Lehrer dort aufgenommen und dann zurückgeschickt.
Peter
Brinckmann vermittelte mich allerdings vor seinem Tod noch an Martin
K., der im gleichen Jahr in Braemar die Goldmedaille gewonnen hat und
somit der erste Deutsche gewesen ist, der in Schottland einen
wichtigen Preis gewonnen hat. Martin hielt damals in Weikersheim
jährlich einen Workshop mit Arthur Gillies. 2003 war ich dort. Leider war es auch das letzte mal mit Arthur, denn er verstarb im
gleichen Jahr. Stattdessen
organisierte Martin die Arthur Gillies Memorial Competition (die
erste CPA Competition in Deutschland, auch wenn ich damals noch nicht
verstanden habe, was das bedeutet), inklusive einiger kleiner
Workshops bei den Judges der Competition. Auf diesen Events lernte ich
Andy H. und Bernd M. näher kennen.
Die
damalige Szene war überschaubar. Es kamen natürlich immer wieder
neue Spieler hinzu, aber im Advanced/Former Winner Bereich, waren es
immer die Gleichen. Namen, die man heute nicht mehr oder höchst
selten noch hört, die damals eine Konstante bei den Wettbewerben
waren: Dr. Andy F., Andy H., Bernd M., Benedikt G., Stefan R. der
Ältere, Stefan R. der jüngere und seine Freundin (Lara, Laura?),
Klaus L. (der heute Trebsen organisiert), Mark S., Jan T. M.,
Thomas S., Christian G., Stefan W. und die kleine Anna K., die heute (nicht mehr so klein) die erfolgreichste
deutsche Wettbewerbsspielerin in Schottland ist. Sollte ich jemanden
vergessen haben... sorry.
2007
begann ich mit Andy H. den Nachwuchs der HDPD zu unterrichten und
spielte selbst in der Band für 2 Jahre mit. Das war sehr nett, aber
ich musste für mich feststellen, dass das Spielen in einer Band
nicht mein Ding ist. Etwa in diesem Jahr fand ich es an der Zeit, mich
neu einzukleiden und bestellte mir einen maßgeschneiderten Kilt.
Ebenfalls in diesem Jahr wollte ich mein Instrument wechseln und eine
antique Pipe haben. Ich kontaktierte das College of Piping und die
vermittelten mir eine Henderson aus den 1930ern. Nicht viel später
verkaufte Andy H. einen Sheepskinbag, den ich ihm abnahm. Das war ein
Aha-Erlebnis. Das erste mal in meinem Leben, dass ich nicht mehr als
zweimal in 30 Minuten nachstimmen musste. Seit dem kommt mir nichts
anderes mehr unter den Arm.
Ich kann mich nicht genau an den Zeitraum erinnern, aber es muss um 2007 herum gewesen sein, wo ich den Schriftführerposten in der BAG e.V. annahm. Genau in der Zeit, wo es sich herrausstellte, dass der damalige Kassenwart die BAG um (ich weiß nicht mehr genau) ca. 10.000 € betrogen hat. Dieser Fall ist heute noch nicht vom Tisch. Nach zwei Jahren legte ich das Amt nieder und ließ mich wieder 2018 zur Wahl des 2. Vorsitzenden aufstellen, wurde aber nicht gewählt. Das ist ok.
In der
Zeit zwischen 2003 und 2008 ungefähr war der einzige Unterricht, den
ich genoss, einmal im Jahr die Woche am College of Piping (CoP). Ca.
2008 hatte ich Unterricht bei Robert Wallace über Skype. Nach einem
dreiviertel Jahr musste ich diesen abbrechen, da ich einfach nicht
verstand, was er von mir wollte. Wir gingen den Pibroch „Lament for
Donald of Laggan“ durch und ich kam mit dieser Stopuhr Mentalität
nicht klar (diese Note länger, aber nicht zu lang, stop, das war zu
kurz, nur ein bisschen länger... etc) außerdem, sang er mir
Passagen vor. Ich meinte dann, diese so auch zu spielen, was wohl
nicht der Fall war, denn Robert war nicht zufrieden... Zeit mich
umzuorientieren. Ich nahm ebenfalls eine Auszeit vom
Wettbewerbsspielen. Ich beschloss Thomas Zöller eine Chance zu geben
und besuchte seine Akademie und buchte dort Unterricht. Ich meinte zu
ihm, dass ich auch Erfahrung im Unterrichten hätte, falls er noch
jemanden bräuchte. Kein Jahr später war ich in der
Dudelsack-Akademie freiberuflich angestellt. Eine Festanstellung 2011
folgte. Seit dem bin ich hauptberuflich Dudelsack-Lehrer.
2010
erwarb ich die Pipe meines verstorbenen Lehrers Peter Brinckmann von
seinem Sohn. Dies hatte was jedi-mäßiges. Der Schüler übernimmt
das Lichtschwert seines Lehrers... Das finde ich sehr romantisch. Die
Pipe ist allerdings sehr tief im Pitch und heutzutage eigentlich
nicht wirklich spielbar. Ich überlege, sie weiterzuverkaufen.
Um diese
Zeit suchte ich wieder nach anderen Inputquellen und stieß auf Jori
C. aus den USA. Dort buchte ich Skypelessons und begann wieder mit
Wettbewerben, 2014 das erste mal in Schottland. Ich gewann in Perth
den 2. Platz im Piobaireachd C-Grad. Nicht schlecht für das erste
mal.
2015
erwarb ich von Martin K. zwei MacDougal Pipes und legte die Henderson
zur Ruhe. Martin hing ich immer an den Lippen. Egal was er sagte/sagt,
seine Worte hatten/haben für mich immer Gewicht und ich betrachte ihn als
meinen Mentor in Sachen Sound.
2014 bis
2017 spielte ich jährlich in Schottland auf den Games. Irgendwo
stand ich immer auf einer Preisliste, aber es waren nie
einschlägige Erfolge.
2018: In
diesem Jahr habe ich eine Auszeit von den Competitions genommen und
das erste mal seit 6 Jahren meinen Urlaub wo anders verbracht.
Skandinavien.... auch schön.
Ich habe
Lust wieder auf schottischen Highland Games zu spielen, weiß aber
nicht, wann mich die Muße packt dafür zu üben. Denn nach 20 Jahren
wird man die Competition Type Stücke einfach überdrüssig. Ich
benötige etwas Abstand. Da ich das Instrument unterrichte, haben
meine Finger eigentlich nie Pause und so ist die Gefahr des
„Einrostens“ eher gering.
Im
Oktober habe ich an einem Hörbuch als Leser und Bläser mitgewirkt,
dass irgendwann demnächst rauskommen soll. Für dieses Projekt
konnte ich in Mannheim Aufnahmen für dieses Buch in einem
professionellen Tonstudio machen lassen (der Kommentar meines Stiefvaters dazu: "Klingt das dann besser?" XD). Darüber hinaus habe ich
eine Aufnahme-Session geschenkt bekommen (als Dankeschön für die
Mitwirkung an dem Buch), in der ich quasi meine eigene CD aufnehmen
lassen kann. Wann ich dies in Anspruch nehme, weiß ich noch nicht,
da ich mich dafür vorbereiten muss.
Die
Quintessenz nach 20 Jahren Dudelsack: Man hat viel erlebt, Englisch
gelernt, viele Leute kennengelernt und kurioses erlebt. Man hat sein
Gehör entwickelt, Singen gelernt, seine Feinmotorik geschult und
generell ein Feingefühl für den eigenen Körper entwickelt. Jaja,
klingt sehr esoterisch, is aber so.
Bin
gespannt was die kommenden 20 Jahre bringen.
Einen ganz besonderen Dank schulde ich der ganzen Familie v.B., denen ich in meiner Anfangszeit gehörig auf die Nerven gegangen sein muss, und sie haben es geduldig, ohne zu Murren ertragen... Dankeschön!